Forderungen und Maßnahmen
Frauen fordern Rechte und Frauen wehren sich. Arbeiterinnen streiken, um Ungerechtigkeiten aufzuzeigen und schlechte Gegebenheiten zu verändern. In der Tabakfabrik von Stein kommt es zu einer Arbeitsniederlegung, weil die Frauen die Entlassung einer Kollegin als ungerecht ansehen. Ähnliches passiert in Gumpendorf in Wien. Manche Forderungen der Frauen werden spät erfüllt: Erst 1920 werden in der Nationalversammlung der Achtstundentag und der freie Samstagnachmittag für Frauen beschlossen.
Auch heute werden Ungerechtigkeiten von Frauen aufgezeigt. Am Equal Pay Day zum Besipiel. Du kannst das in dieser Vitrine nachlesen. Frauen fordern nicht nur, sie fördern auch: Um Mädchen bessere Chancen im Berufsleben aufzuzeigen, findet jährlich der Girls‘ Day statt. Auch in Niederösterreich kannst du ihn besuchen.
Streik in der Wiener Süßwarenfabrik "Rista"
Außenaufnahme der Altgasse mitsamt der bestreikten Süßwarenfabrik "Rista" (Hausnummer 6), davor ein Polizist und eine Menschenmenge, die gedrängt die Gasse füllt. In den Fenstern hängen Plakate, eines davon mit dem Motto: "Hinaus mit dem ohrfeigenden Blutordensträger!".
Wien Hietzing
(ÖNB Grafiksammlung und Bildarchiv Sign.FO500289/3/4 POR MAG)
Streik in der Tabakfabrik in Stein
Die Arbeiterinnen „excedieren“ wegen der Entlassung einer Kollegin. Die Maßnahme ist ihrer Meinung nach nicht gerechtfertigt.
Mit excedieren ist gemeint: Sie veranstalten einen Exzess. Sie regen sich in übersteigerter Form auf und wehren sich so gegen die Entlassung der „widersetzlichen“ Arbeitskameradin. Sie wissen, dass auch die die Arbeit wegen des damit verbundenen Einkommens braucht. Durch Zusammenhalt und geschlossene Arbeitsniederlegung versuchen sie ihr zu helfen. Was sie tun, kann man unter dem Schlagwort Solidarität sehen: Alle zusammen sind stärker als eine Einzelne.
Streikende Frauen in der Tabakfabrik Stein 1886
Excedirende Tabakarbeiterinnen.
Foto, Schwarz-Weiß-Negativ.
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: 460.376-B POR MAG)
Original: Linienrasterdruck nach einer Zeichnung. In: Das Interessante Blatt vom 15.07.1886, V. Jg., Nr. 28, S 1.
(ANNO/ÖNB)
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=dib&datum=18860715&seite=1&zoom=33
Text zum Bild in heutiger Schrift und Rechtschreibung:
„Die Arbeiterinnen in der Steiner Tabakfabrik excedieren wegen Entlassung einer widersetzlichen Kollegin.“
Streik in Gumpendorf
1893 kommt es in Gumpendorf zum ersten organisierten Frauenstreik durch Fabriksarbeiterinnen in Wien. Dieser Streik dauert drei Wochen. Angeführt werden die Frauen von der 16-jährigen Amalie Ryba, später verehelichte Seidel. Die drei Wochen gingen als „Streik der 700“ in die österreichische Geschichte ein. Die Frauen erreichen eine Erhöhung ihres Lohnes, eine Verkürzung ihres Arbeitstages von 12 auf 10 Stunden. Und sie erhalten die Erlaubnis an den Feiern des 1. Mai teilzunehmen.
Streikende Arbeiterinnen in Gumpendorf 1893
Der Arbeiterinnen-Exceß in Gumpendorf in Wien.
Zeitungsdruck nach einer Zeichnung. In: Das interessante Blatt vom 11.05.1893, XII. Jg, Nr. 19, S 5.
(ANNO/ÖNB)
Text unter dem Bild in unserer heutigen Schrift und Rechtschreibung:
„Der Arbeiterinnen-Exzess in Gumpendorf in Wien: Die Polizei säubert die Gumpendorferstraße von den streikenden Arbeiterinnen, die vor einer Fabrik, in der gearbeitet wird, demonstrieren wollen.“
Frauen verdienen mehr!
Ja. Frauen verdienen entschieden mehr. Sie bekommen aber immer noch weniger als Männer.
Die Forderung nach gleichem Lohn für gleiche Arbeit ist alt. Und doch sind Einkommensungleichheit auch heute noch ein aktuelles Thema.
Natürlich hat sich vieles verändert. Der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern wird immer geringer. Berücksichtigt man die Unterschiede im Beschäftigungsausmaß (Teilzeit, unterjährige Beschäftigung) und beschränkt den Vergleich auf ganzjährig Vollzeitbeschäftigte, ergibt es einen Unterschied von 15,2%. 2008 waren es noch 20,9%.
Jedes Jahr anlässlich des „Equal Pay Day“ wird darauf aufmerksam gemacht und versucht, diesen Unterschied in Arbeitszeit zu messen: Wieviele Tage länger müssen Frauen arbeiten, um den gleichen Lohn wie Männer zu erhalten?
Hier findest du mehr dazu, nach Bundesländern und Branchen dargestellt:
Dass Frauen weniger verdienen wird manchmal so erklärt: Frauen arbeiten in Teilzeit. Oder sie haben die „falschen“ Berufe. Sie sind weniger gut geeignet, als Männer. Sie wollen ja gar keine Karriere machen. Es gibt noch eine Erklärung: Frauen verdienen weniger, weil sie keine Männer sind.
Ernsthaftere, wissenschaftlich untersuchte Gründe sind: unterschiedliche Arbeitszeiten, Branchen oder Ausbildungen. Berücksichtigt man all diese Faktoren, bleibt immer noch ein Rest von 13,6 Prozent, der durch keinen sachlichen Faktor erklärt werden kann.
Wer gerne wissen möchte, wieviel man in den verschiedenen Berufen verdient, kann das mit dem Gehaltsrechner des Bundeskanzleramts testen:
Mädchen fördern: Der Girls‘ Day
Noch immer wählen über 50 % aller weiblichen Lehrlinge so genannte „typische Frauenberufe“ wie Verkäuferin, Friseurin oder Bürofachfrau etc. Das sind Berufe mit geringem Lohn und niedriger sozialer Anerkennung.
Der EUREGIO Girls’ Day ist ein grenzüberschreitender, inklusiver Aktionstag, an dem Schülerinnen ab der 5. Schulstufe/Schulklasse die Gelegenheit haben, „Berufsluft“ zu schnuppern.
Am Girls‘ Day sollen Mädchen für andere Berufe als die „typischen“ interessiert werden. Insbesondere für jene in Industrie und Handwerk.
Firmen laden seit 2001 an jedem vierten Donnerstag im April zum Girls‘ Day ein. Schülerinnen ab der 7. Schulstufe sollen sich direkt ansehen können, wie interessant viele Berufe sind. Das Konzept zeigt Erfolg.
HTL4girls
In diesem Programm werden Mädchen durch Karrieretrainings optimal auf ihren Berufseinstieg in einen technischen Beruf vorbereitet. Gleichzeitig erhalten sie eine Ausbildung zu Girls‘ Scouts. Das sind Mädchen, die Vorbilder für andere Mädchen sein können. Sie sollen sie zur Ausbildung in technischen Berufen motivieren.Im Sommer gibt es an den HTLs ein spezielles Girls Training für Schülerinnen aus der Unterstufe. Dabei bekommen Mädchen einen Einblick in den Alltag einer technischen Ausbildung und in Workshops können einfache technische Vorgänge ausprobiert werden.
Tech-Datings
Die Schnittstelle zwischen Schule und Arbeitswelt wird geschlossen. Mädchen erhalten in den Landesberufsschulen Einblick in zukunftsträchtige Berufe. Schülerinnen der 7. bis 9. Schulstufen bekommen Gelegenheit, Unternehmen in ihrer Region kennen zu lernen. Die Unternehmen stellen technische und handwerkliche Bereiche vor, in denen sie weibliche Lehrlinge ausbilden.