Frauen und Krieg: Leid und Vergewaltigung
Krieg ist kein Naturereignis. Er ist die vorbedachte massenhafte Gewaltanwendung von Menschen an Menschen. Worum es auch immer geht: Gewalt erzeugt Leid. Körperliches und seelisches Leid. Hunger, Schmerzen, Tod, Verstümmelung und psychische Schäden sind die Folgen.Frauen leiden im Krieg. Bei Kampfhandlungen werden sie zufällige Opfer von Waffeneinwirkungen. Sie werden getötet, vertrieben oder verlieren ihre Lebensgrundlagen.
Vom Leid gezeichnete Mutter mit Kind
Migrant Mother, Flüchtling, Kinder.
Nach einem Foto von Dorothea Lange. 1936
(pixabay)
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Ellis Geschichte: Ein Opfer der Kriegsgewalt
Die traurige Geschichte der jungen Elli (Elisabeth Eigelsreiter) passiert 1945 gegen Kriegsende. Sie wird ein zufälliges Opfer von Gewalt. Elli kommt am 11.11.1930 zur Welt. Sie ist als Jüngste der Liebling der ganzen Familie, besonders aber ihres nächstälteren Bruders Franz. Die Familie wohnt in Maierhöfen, St. Veit an der Gölsen. Um sich 1945 vor den Kriegshandlungen im Gölsental zu schützen, flüchten sie ins nahegelegene Seitental Schwarzenbach zu einem Bauern, um das Ende des Kriegs dort abzuwarten.
Aber gerade dort passiert es: Es haben sich noch über 30 weitere Flüchtlinge hier zurückgezogen. Es kommt zu einem Kampf zwischen der Deutschen Wehrmacht und der Roten Armee. Alle anderen Flüchtlinge bleiben unverletzt, nur Elli erleidet einen Bauchschuss. Ein zufällig anwesender Notarzt kann das Mädchen erstversorgen.
Das passiert am 18. April 1945. Mit dem Leiterwagen wird sie zuerst nach Lilienfeld ins Spital gebracht und von dort ins Spital nach St. Pölten. Täglich fährt ihre Mutter sie mit dem Rad besuchen. Ellis Zustand verschlimmert sich und sie stirbt dann am 9. September 1945 im Spital. Sie ist noch keine 15 Jahre alt. Die Familie ist tief getroffen. Der ihr im Alter nächste Bruder muss noch bis zu seinem Tod jedes Mal, wenn er von dem tragischen Ereignis spricht, weinen. Besonders zu Weihnachten denkt er viel an Elli, die ihm sein Leben lang fehlt.
Sexualisierte Gewalt als Waffe: Vergewaltigungen in Kriegszeiten
Anders als Männern droht Frauen im Krieg auch noch ein anderes Schicksal: Sie erleiden sexualisierte Gewalt bis hin zur Vergewaltigung.
Vergewaltigungen an Frauen der Gegner werden in Kriegszeiten als Waffe eingesetzt. Werden Frauen vom Kriegsgegner vergewaltigt, wirkt sich das negativ auf die Kämpfenden aus. Vergewaltigungen in Kriegszeiten und durch die Sieger danach gibt es vermutlich immer schon. So vergewaltigen auch die deutschen und österreichischen Soldaten im II. Weltkrieg in den von den Nazis besetzten Ländern. Sie richten sogar Bordelle mit den einheimischen Frauen ein und zwingen sie zu Geschlechtsverkehr. Ähnliches tun auch japanische Soldaten Frauen in Korea an. Es passiert wohl immer wieder in verschiedensten Kriegsgebieten.
Hautnah und nebenan sehen wir das in unserer Nachbarschaft während der Kriege auf dem Balkan in den 1990er-Jahren. In diesen schrecklichen Konflikten kam es zu Massenvergewaltigungen, zum Beispiel in Bosnien-Herzegowina und im Kosovo.
Auch hier in Niederösterreich ist das nach dem II. Weltkrieg passiert:
Vergewaltigungen zu Kriegsende in Niederösterreich
Heute leben nicht mehr viele Frauen, die sich an diese Zeit erinnern können. Von den Vergewaltigungen nach Kriegsende wissen früher noch viele Menschen. Es sind in Niederösterreich die Soldaten der Roten Armee, die „Russen“, die sie fürchten. Sie verstecken sich vor ihnen. Sie tricksen sie aus. Darauf sind sie ihr Leben lang stolz. Vielen Frauen und Mädchen passiert es dennoch.
Zehn Jahre lang sind Besatzungssoldaten in Österreich: Zwischen dem Ende des II. Weltkrieges 1945 und dem Staatsvertrag 1955. Das sind Soldaten von 4 Nationen: US-Amerika, England, Frankreich und die UdSSR. Eine eigene Regierung gibt es bald wieder. Die Oberherrschaft aber liegt in Händen dieser vier Mächte.
Niederösterreich kommt unter die Herrschaft der Russen (UdSSR). Die meisten Männer sind vom Krieg noch nicht zurück. Die Mehrzahl der Bevölkerung besteht deshalb aus Frauen und Kindern. Sie verstecken sich. Aus Angst gehen sie oft tagelang nicht auf die Straße. Es kommt zu Kriegsende zu unzähligen Übergriffen in ganz Niederösterreich. Auch noch in den Jahren danach vergewaltigen, misshandeln und töten die Soldaten der Roten Armee.
Allerdings sind an solchen Übergriffen auch einheimische Banden, befreite Kriegsgefangene und Zwangsarbeiter beteiligt.
Die Frauen haben Angst vor den Soldaten. Die sind oft betrunken und dann besonders gefährlich. Die Frauen denken sich aus, wie sie sich schützen können. Die jungen Mädchen und Frauen verkleiden sich als alte Frauen und beschmieren sich mit Marmelade, Ruß oder Erde. Damit sie krank und schmutzig wirken. Das hilft nicht immer, aber manchmal doch.
Hier findest du eine Broschüre gegen sexualisierte Kriegsgewalt: