Männervereine gegen Frauenrechte
Manche Männer fühlen sich nicht wohl mit der Emanzipation der Frauen. Deshalb bilden sie nun Männervereine. Es ist eine Reaktion auf die Frauenrechtlerinnen. Sie wollen gegen die Forderungen der Frauen vorgehen. Sie fühlen sich als Männer benachteiligt.
Männer unter sich
Schönbrunn, vier Männer gehen spazieren.
Foto. Wien 1935.
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: FO20983 POR MAG)
Ein Männerclub: Die „Aequitas“
In Wien wird 1926 der Männerclub „Aequitas“ gegründet. Aequitas bedeutet Gleichheit. Die Männer wollen gegen Ungerechtigkeiten vorgehen. Eine solche Ungerechtigkeit in ihren Augen ist, für ihre unehelichen Kinder Alimente zu zahlen.
Der Bund startet einen Aufruf. Er findet, dass Männer zu wenig Rechte und zu viele Pflichten haben. Die Männer werden aufgefordert, der „Aequitas“ beizutreten.
Heute ich! Morgen du!
Heute ich! Morgen Du!
Kleine Volks-Zeitung vom 19. August 1926, 72. Jg, Nr. 228, Laufende Nr. 25621. S 3-4.
(Anno/ÖNB)
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=kvz&datum=19260819&seite=3&zoom=33
Der Text des Aufrufs in die heutige Schrift und Rechtschreibung übertragen:
Heute ich! Morgen du!
Es war schon mehrmals davon die Rede, dass sich in Wien Männer zusammengefunden haben, um ihre vermeintliche Benachteiligung in öffentlich-rechtlicher Beziehung zu beheben. Die einst so heftig bekämpfte Emanzipation der Frauen hat sich während des Krieges noch rascher und in größerem Umfang als zuvor durchgesetzt, und besonders in wirtschaftlicher Beziehung ist die Frau dem Mann sehr in die Nähe gerückt. Eine Gruppe von Männern findet nun, dass den ‚Herren der Schöpfung‘ wohl zumeist nur Pflichten aufgebürdet aber zu wenig Rechte zugeteilt sind, und das bezieht sich auch auf gewisse Alimentationsverpflichtungen. Der Aufruf, der uns übermittelt wird, lautet im Wesentlichen folgendermaßen:
‚Heute ich! Morgen du!‘ Einige wackere Männer haben sich in Erkenntnis der herrschenden Missstände auf dem Gebiet des Ehe- und Familienlebens zusammengeschlossen und die ‚Aequitas‘, Bund für Männerrechte (unpolitischer Verein), gegründet. Obwohl seither erst wenige Monate verstrichen sind, hat sich schon eine erhebliche Anzahl von Männern zu diesem Bunde gefunden und er ist bereits in der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden.
Allerdings sind auch Verleumdungen über die Ziele dieses Bundes laut geworden, die jedoch jeder Grundlage entbehren. Der Bund für Männerrechte bezweckt keineswegs, das Ehe- und Familienleben zu zerstören, sondern auf einer neuen, gesunden und zeitgemäßen Basis aufzubauen, wobei beiden Geschlechtern in jeder Hinsicht gleiche Rechte, aber auch gleiche Pflichten zukommen. Hinweg mit den Gesetzen auf diesem Gebiete, die den Männern nur Pflichten auferlegen, keineswegs aber auch Rechte einräumen. Jene Rechte aber, die tatsächlich für die Männer im Gesetz enthalten sind, stehen bloß auf dem Papier und werden von der herrschenden Spruchpraxis der Gerichte gerade im gegenteiligen Sinn ausgelegt. Dem Bund sind zahlreiche Fälle bekannt, in denen brave Männer mit einem arbeitsreichen Leben durch die herrschenden Missstände auf diesem Rechtsgebiet dem wirtschaftlichen und moralischen Ruin zugeführt wurden. Heraus mit den gleichen Rechten auch für den außerehelichen Vater und Verteilung der Alimentationspflichten auch für die außereheliche Mutter! Ehemänner und Junggesellen, wartet nicht erst, bis das Schicksal über euch hereinbricht, sondern schließt euch schon jetzt unserer Bewegung (ohne Unterschied des Berufsstandes und der Parteizugehörigkeit) an. Vergesst nicht: ‚Heute ich! Morgen du!‘
Wer also fürchtet, dass er morgen darankommen könnte, wende sich an die im Aufruf angegebene Adresse: ‚Aequitas‘, Bund für Männerrechte, VI. Linke Wienzeile 40, Tür 18 (Telephon 5854). An Wochentagen von 3 bis 6 Uhr.
Der politische Antifeminismus
Das Thema der „entrechteten Männer“ wird auch von politischen Gruppen aufgegriffen. Immer wenn es Unzufriedene gibt, findet sich auch eine Partei, die Hilfe verspricht. Es geht dabei immer nur darum, diese Unzufriedenen zu erreichen. Sie sollen bei der nächsten Wahl ihre Stimme dieser Partei geben. So ist es heute und so war es damals auch schon.
Es kann natürlich auch gleich eine Partei gegründet werden, die sich darum kümmern soll. Sigurd Höberth von Schwarzthal gründet schon den Weltbund für Männerrechte. Dann gründet er die Nationaldemokratische Vereinigung, die sogenannten „Höberthpartei“.
Antifeministisches Wahlplakat 1930
Männer! Wählet Nationaldemokratisch – Höberthpartei.
Plakat zur Nationalratswahl 1930, Hochdruck. Wien 1930.
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: PLA16316241 POR MAG)
Diese Partei tritt bei den Nationalratswahlen 1930 an. 4,12 Millionen Menschen sind damals in Österreich wahlberechtigt. 90,5 % davon gehen auch wählen. Und wie viele Stimmen davon bekommt Höberth? Es sind tatsächlich 54 (!) Stimmen.
Die Antwort einer Frauenrechtlerin an die „Aequitas“
Ein Bund für Männerrechte
Ein Bund für Männerrechte.
Die Frau – Sozialdemokratische Monatsschrift vom 1. Mai 1926. 35. Jg, Nr. 5. S 5-6.
(Anno/ÖNB)
https://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=fra&datum=1926&size=45&teil=0105&page=53
Eine Frau G. Brückner reagiert darauf. Wir kennen sie nicht. Sie vertritt die Meinung der Frauen. Sie antwortet in einer anderen Zeitung.
Der Text des Aufrufs, in die heutige Schrift und Rechtschreibung übertragen und gekürzt, lautet:
Ein Bund für Männerrecht.
Die Frauen in ihrer Mehrheit waren bisher keine Kämpferinnen. Sie haben es zustande gebracht, sich unendlich viel bieten zu lassen, sie waren Meisterinnen im Schweigen und Erdulden. Es war dies keine Tugend, auf die man sich etwas einzubilden hat, es war eine Schwäche, gezüchtet durch die besonderen Lebensbedingungen, die die Frauen in Abhängigkeit vom Manne hielten.
Diese besonderen Lebensbedingungen sind in den letzten Jahrzehnten immer mehr und mehr im Schwinden begriffen und mit ihnen beginnt auch die Dulderbereitschaft der Frau langsam aufzuhören.
Da bildete sich ein Bund für Männerrechte, der, wie es ja schon sein Name besagt, die Rechte des Mannes – wem gegenüber? – nun der ja kolossal bevorrechteten Frau gegenüber, verteidigen soll. Die gesetzgebende Körperschaft soll ihnen dabei behilflich sein. Sie haben eine Abordnung ins Parlament geschickt, die ihr Programm den Abgeordneten, die sie empfangen haben, übergeben hat. […]
Wer in langjähriger Tätigkeit in einem Frauenrechtsschutzverein tausendmal und immer wieder Gelegenheit gehabt hat, die triste [Anm.: traurige] Lage der Frau, die ein uneheliches Kind zur Welt bringt, ganz in der Nähe zu besehen, der traut förmlich seinen Augen nicht, wenn er liest, dass die erwerbsfähigen Mütter der unehelichen Kinder zu deren Erhaltung entsprechend herangezogen werden sollen.‘
Ja, wer erhält denn 90% der unehelich geborenen Kinder, wenn nicht die Mütter dieser Kinder?
[…] im Momente, da der Mann erfährt, dass das Mädchen […] ein Kind erwartet, ist er, falls er nicht beabsichtigt das Mädchen zu heiraten, auch schon von der Bildfläche verschwunden. […]
Das Kapitel des unehelichen Kindes, es ist das Heldenkapitel in der Geschichte der Frau. Die Männer dagegen täten gut, die Aufmerksamkeit auf dieses Kapitel nicht hinzulenken.
[…] Den jungen Mädchen müssen wir immer wieder sagen: ‚Nicht das ist für euch lebenswichtig, dass ihr einen Mann bekommt, sondern, dass ihr einen Beruf erlernt habt. Dann, nur dann ist eure Existenz gesichert.‘ Das müssen wir den jungen Mädchen sagen, das ist aber auch gleichzeitig unsere Antwort an den Bund für Männerrechte. (G. Brückner)