Frauen in der Wissenschaft
Wie du an den ausgewählten Beispielen sehen kannst, leisten Frauen in den Wissenschaften Hervorragendes. Sie forschen, entdecken, lehren und schreiben darüber. Ihre Ergebnisse bringen die Wissenschaft weiter. Sie bringen dadurch auch die gesamte Menschheit weiter. Auf alle Beiträge müssten wir verzichten, wenn sie nicht hätten studieren können.
Wäre es nicht schlicht dumm, darauf zu verzichten?
Liese Meitner mit Otto Hahn im Labor
Lise Meitner und Otto Hahn im Labor, Kaiser-Wilhelm Institut für Chemie, Berlin.
Momentaufnahme, Berlin 1913.
(Catholic University of America)
Der mühsame Weg der Frauen auf die Universitäten.
Mädchen dürfen erst 1878 die Matura ablegen. Studieren geht aber trotzdem nicht. Es wird ihnen die sogenannte Reifeklausel verweigert.
Der Weg auf die Universität ist in Österreich für Frauen schwierig. Die ersten Studentinnen gehen dazu in die Schweiz.
An der Universität Zürich sind Frauen schon 1840 Gasthörerinnen. Ab 1867 dürfen sie richtig studieren. Die Schweiz ist da weit voraus. Zu dem Zeitpunkt können Mädchen in Österreich nicht einmal die Matura ablegen
Erst ab 1901 werden Frauen auch in Österreich zum Studieren zugelassen.
Nur als Studentinnen verkleidet: „Zwei Frauen in studentischer Kleidung“ 1890
Julius Staudt: Zwei Frauen in studentischer Kleidung.
Foto. Um 1890.
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: Kor 392/9 POR MAG)
Ein hürdenreicher Weg: Geschichte des Frauenstudiums in Österreich
Der Weg auf die Universität ist für Frauen lange nicht offen. Das ändert sich aber mit der Frauenbewegung.
Österreicherinnen studieren erstmals im Wintersemester 1870/71 an der Universität Zürich. In Österreich ist das noch nicht möglich.
Die erste österreichische Frau Doktor ist Helene von Druskowitz 1878. Ein paar wenige Frauen folgen ihr. Fast alle sind aus wohlhabenden Familien.
1894 vollendet Gabriele Possanner von Ehrenthal ihr Medizinstudium ebenfalls an der Universität Zürich. Sie ist damit die erste Österreicherin, die Medizin studiert hat. Nach vielen Briefen, Gesuchen und neuerlichen Prüfungen gilt ihr Studium auch in Österreich. Sie eröffnet eine Praxis als praktische Ärztin in Wien.
Ab 1896 können Frauen ihr Studium in Österreich anerkennen lassen. Aber sie müssen alle ihre strengen Prüfungen (Rigorosen) noch einmal ablegen. Es wird sogar eine Nachweis für ein moralisch einwandfreies Vorleben gefordert! Natürlich fragt niemand Männern danach.
Im Wintersemester 1897/98 sind erstmals drei Frauen an der Universität Wien. Elise Richter, Cäcilie Wendt und Emma Ott.
1905 wird Elise Richter als erste Frau Österreichs Dozentin an der Universität Wien. Die Erlaubnis an der Universität zu lehren wird ihr erst 1907 verliehen. Sie ist die erste Privatdozentin in Österreich (und Deutschland). 1921 wird Elise Richter die erste Professorin an der Universität Wien. (Mehr über sie erfährst du hier beim Objekt 3D03.)
Studentin in der Universitätsbibliothek Wien 1938
Lothar Rübelt (1901-1990): Studentin in der Bibliothek.
Foto. Wien 1938.
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: 002_38_087_01_068_A_1A_31 POR MAG)
Der Spott bleibt selbst in der Schweiz nicht aus
Studenten belästigen immer wieder das (weibliche) Servierpersonal in Lokalen. Sie finden es lustig, die Kellnerinnen nicht. Hier dreht der Zeichner die Situation um: Studentinnen belästigen männliches Bedienpersonal in einer Kneipe.
Kariktur zum Frauenstudium, Zürich 1872
Züricher Studentinnen-Kneipe. Parodie auf das Frauenstudium an der Universität Zürich.
Karikatur. Zürich 1872. In: Michael Klant: Universität in der Karikatur. Hannover 1984.
Die ersten Akademikerinnen
Die ersten Frauen, die studieren sind Vorkämpferinnen. Sie gehen an die Universität Zürich in der Schweiz. Erst später können Frauen auch in Österreich studieren.
Helene von Druskowitz (1858-1918) ist die erste Frau Doktor in Österreich. Ihre Doktorarbeit schreibt sie über den britischen Dichter Lord Byron. Sie wird 1878 an der Universität Zürich die erste österreichische Doktorin.
Dr. Helene von Druskowitz
Unbekannter Fotograf
Helene von Druskowitz unbekannter Fotograf, unbekannte Quelle
http://www.meinhard.privat.t-online.de/frauen/druskowitz.html
Österreichs erste Ärztin
Gabriele Possanner von Ehrental (1860-1940) ist die erste Frau aus Österreich, die ein Medizinstudium abschließen kann. Sie wird die erste Ärztin. Auch sie studiert in der Schweiz und wird dort promoviert.
Dr. Gabriele Freiin Possanner von Ehrenthal
Possanner von Ehrenthal, Gabriele 1860 -1940
Kupfertiefdruck nach Foto mit Legende. 1894.
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: Pf 38287:B (1) POR MAG)
Promotion von Dr. Possanner in Wien 1897
Promotion von Gabriele Possanner von Ehrenthal
Zeitungsdruck nach einer Zeichnung. In: Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 07.04.1897. Wien 1897.
(Hervorhebung durch uns.)
(ÖNB, Sign.: 394196-D.Neu-Per)
Österreichs erste Juristin
Marianne Beeth (1890-1984), geb. von Weisl, ist Rechtsanwältin, Orientalistin, Soziologin, Übersetzerin und Vereinsfunktionärin. Als erste Frau in Österreich wird sie 1921 in Wien zum Doktor der Rechtswissenschaften promoviert. Sie arbeitet in der Kanzlei ihres Vaters. Bei ihrer Heirat tritt sie von jüdischen zum evangelischen Glauben über. Sie wird 1938 von den Nazis verfolgt. Ihr Besitz am Ebenwald in Kleinzell, Niederösterreich, wird arisiert. Das bedeutet: ihr einfach weggenommen. Sie flieht in die USA, wo sie bis zu ihrem Tode lebt.
Dr. Marianne Beth
Fotoatelier Brühlmeyer: Weisl, Marianne.
Foto. Bildnis: (halbe Figur, halb links)
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: 201.857 - D Duplikat POR MA)
Österreichs bedeutendste Physikerin
Lise Meitner (1978-1968) wird 1906 in Wien als zweite Frau in Physik promoviert. 1926 wird sie als erste Frau in Deutschland zur nichtbeamteten außerordentlichen Professorin für Physik ernannt.
In Zusammenarbeit mit Otto Hahn gelingt ihr der chemische Nachweis der Kernspaltung. Hahn bekommt dafür 1944 den Nobelpreis für Chemie zugesprochen. Und zwar allein, obwohl ihm diese Leistung ohne Lise Meitner nicht gelungen wäre.
Univ.-Prof. Dr. Liese Meitner im Hörsaal
C.A: Briggs: Lise Meitner.
Momentaufnahme ca. 1946.
(Catholic University of America)
Österreichs erste Universitätsprofessorin
Elise Richter (1865-1943) studiert zunächst Germanistik und Sprachwissenschaft. Dann spezialisiert sie sich auf die romanischen Sprachen. 1901 erhält sie den Doktortitel. 1904 wird sie Dozentin. Erst 1907 bekommt sie die Lehrerlaubnis für die Universität. Sie wird unbezahlte Dozentin. 1921 wird sie außerordentliche Professorin für romanische Philologie.
Univ.-Prof. Dr. Elise Richter
Atelier Pietzner & Fayer: Richter, Elise 1865 – 1942. Porträt der Richter Elise.
Portraitfoto.
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: Pf 11929:C (1) POR MAG)
1922 gründet sie den Verband der akademischen Frauen Österreichs. Sie ist Vorsitzende. Elise Richter will nichts mit den Frauenrechtlerinnen zu tun haben. Sie meint, dass solch ein „Auftreten uns den Weg sofort verschüttet hätte“. Obwohl dieser Weg nicht ohne die Frauenrechterinnen möglich gewesen wäre!
Elise Richter ist Jüdin. 1938 kommt es zum Anschluss Österreichs an Deutschland durch Hitler und die Nationalsozialisten. (Damals und heute in der Bevölkerung vorwiegend Nazis genannt). Die Nazis verfolgen die Juden. Ihr wird die Erlaubnis zu unterrichten entzogen. Auch die Pension wird ihr gestrichen. Am 9. Oktober 1942 wird sie gemeinsam mit ihrer Schwester Helene ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Dort kommt sie im Juni 1943 ums Leben.
Ausgewählte herausragende Wissenschaftlerinnen
Von den vielen hervoragenden Wissenschaftlerinnen heute stellen wir euch hier zwei vor. Eine sehr interessante Frau ist auch die Hollywood Schauspielerin Hedy Lamarr deren Erfindungen unter Anderem der Vorläufer von WLAN und Bluetooth sind.
Experimentalphysikerin Ille Gebeshuber
Ille Gebeshuber (*1969) ist das Beispiel für eine erfolgreiche Wissenschaftlerin. Sie ist Physikerin an der Technischen Universität (TU) Wien. Sie schreibt das Buch: Eine kurze Geschichte der Zukunft. Es ist eine Anleitung, die Gegenwart weiterzuschreiben. Damit wird sie in Österreich einer breiteren Leserschaft bekannt. Sie ist Experimentalphysikerin, forscht in den USA und Malaysia. An der TU Wien befasst sie sich mit Forschungen zum Regenwald.
2017 wird sie als ÖsterreicherIn des Jahres in der Kategorie Forschung ausgezeichnet.
Univ.-Prof.in Dr.in Ille Gebeshuber
Ille Gebeshuber: Ille Gebeshuber
Foto. 2011.
(Ille Gebeshuber)
Bahntechnologin Hirut Grossberger
Hirut Grossberger (*1973) kommt aus Äthiopien. Seit 2004 wohnt sie in Niederösterreich.
Sie lehrt und forscht an der Fachhochschule in St. Pölten, Department Bahntechnologie/Mobilität. Sie befasst sich mit Bereichen wie Eisenbahn-Infrastruktur, Trassierungen, Brückenbau, Umweltauswirkungen und vielem mehr.
Hirut Grossberger ist Senior Researcher des Carl Ritter von Ghega Instituts für integrierte Mobilitätsforschung und Internationale Koordinatorin im Department Bahntechnologie und Mobilität.
DDI.in Dr.in Hirut Grossberger
Foto Kraus: Hirut Grossberger.
Offizielles Portraifoto.
(FH St. Pölten)
https://www.fhstp.ac.at/de/uber-uns/mitarbeiter-innen-a-z/grossberger-hirut
2017 wird Hirut Grossberger mit dem Liese-Prokop-Frauenpreis des Landes Niederösterreich ausgezeichnet.
Erfinderin und Hollywoodstar Hedy Lamarr
Hedy Lamarr (1914-2000) heiß eigentlich Hedwig Eva Maria Kiesler und stammt aus Wien. Sie zählt zu den größten Hollywood-Stars der 1930er- und 1940er-Jahre. 1937 verlässt sie Österreich und geht über Paris und London in die USA.
Hedy Lamarr
Alfred Cermak (*1920): Hedy Lamarr. Die als Hedy Kiesler in Wien geborene Hollywood-Schauspielerin.
Foto. Um 1960.
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: CE 38/5 POR MAG)
Sie ist Jüdin und erbitterte Gegnerin des Nationalsozialismus. Im II. Weltkrieg arbeitet sie mit US-amerikanischen Militärdienststellen zusammen. Kaum bekannt ist, dass sie das Frequenzsprungverfahrens erfunden hat. Das ist ein früher Vorläufer von Bluetooth und WLAN. Kein Handy könnte ohne dieses Verfahren funktionieren.
Basis dafür ist die Entwicklung einer Funkfernsteuerung für Torpedos. Diese ist durch selbsttätig wechselnde Frequenzen schwer anzupeilen und weitgehend störungssicher. Sie und der Komponist George Antheil müssen eines Tages einen Film synchronisieren. Das gelingt über gleichzeitig ablaufende Lochstreifen. Die lassen die dafür notwendigen Geräte parallel (synchron) laufen. So kommt es zu ihrer Erfindung.
Bekannt wird Hedy Lamarr aber nicht als Erfinderin, sondern als Schauspielerin und schönste Frau der Welt.