Was war der Ursprung des Frauentages?
Was war am 8. März?
Warum ausgerechnet der 8. März zum Internationalen Frauentag wird, ist eigentlich unklar. Ein eindeutiges Gründungsereignis gibt es nicht. Auch in Österreich wird der Frauentag lange nicht am 8. März begangen. Weltweit wird das Datum erst 1975 aufgegriffen. In Österreich setzt sich der Frauentag für alle Frauen ungefähr in den späteren 1980er-Jahren durch. Da ist es dann der 8. März und der wird seitdem auch gefeiert. Bis dahin gibt es eine lange Entwicklung.
Deckblatt Frauentag: Heft 1 1932
Frauentag: Heft 1 1932
Frauenreichskomitee, Wien V., Rechte Wienzeile 97
Wien, Kritzendorf
Eugenie Brandl
Das Jubiläum des Frauentags
Schauen wir einmal nach. Wie ist es gekommen, dass wir heuer weltweit den 110. Frauentag am 8. März 2021 begehen?
Clara Zetkin schlägt 1910 den jährlichen Internationalen Frauentag vor. 1911 begehen tatsächlich am 19. März fünf Länder dieses Fest: Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Österreich-Ungarn und die Schweiz. Deshalb bezieht sich das Jubiläum auf das Jahr 1911. Woher kommt nun der 8. März?
Da gibt es verschiedene Erzählungen von Streiks und deren Niederschlagung in den USA dazu. 1907 rufen sozialistische Frauen in den USA diesen Tag zum Frauentag aus. Amerikanische Frauen halten an diesem Tag auch Versammlungen zum Wahlrecht in New York und Chicago ab. In Moskau legen die Frauen ihren Frauentag 1921 auf den 8. März. Auch in den Satellitenstaaten der Sowjetunion ist das dann später so.
Die katholischen Frauen feiern nur am Beginn des 20. Jahrhunderts auch einen Frauentag. Danach gibt es für sie und die übrigen Frauen lange Zeit überhaupt keinen Frauentag.
Plakat mit Ankündigung des Katholischen Frauentags 1931
Julius Lichtner (Druck)/Katholische Reichsfrauen-Organisation Österreichs (Hg.): Dritter Oesterreichischer Katholischer Frauentag.
Plakat. Wien 1931.
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: PLA16304500 POR MAG)
Erst 1923 nimmt die Sozialistische Frauenkonferenz in Hamburg den Frauentag wieder auf. Ab da finden Frauentage von Kommunistinnen und Sozialistinnen in Österreich regelmäßig statt. Heute wird der Frauentag von allen Frauen gemeinsam gefeiert. Sie schauen, was sie schon erreicht haben und setzen sich neue Ziele.
Wir haben Recht!
Gleiche Rechte für Mann und Frau. Gibt es die? Im Gesetz schon, aber in der Realität?
Am Frauentag fordern die Frauen politische Gleichheit und das Wahlrecht.
1918 wird dann wirklich das allgemeine, direkte und gleiche Wahlrecht ohne Unterschied des Geschlechts eingeführt.
Leider merken die Frauen bald: Die formelle staatsbürgerliche Gleichheit bedeutet nicht unbedingt eine wirkliche Gleichstellung der Geschlechter.
„Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ – diese Forderung ist immer noch offen. Auch heute im 21. Jahrhundert. Eine weitere Forderung betrifft die Teilnahme von Frauen in politischen und sonstigen hohen Positionen. Frauen fordern mehr Frauen in der Öffentlichkeit.
Bis 1975 gilt ein Ehe- und Familienrecht, das den Mann zum Oberhaupt der Familie bestimmt. Er darf seiner Frau sogar verbieten, arbeiten zu gehen. Sie muss ihm auch an jeden Ort folgen, an den er seinen Wohnsitz verlegt. Selbst nach einer Scheidung bleibt er der Vormund der gemeinsamen Kinder.
Die gesetzliche Gleichstellung von Mann und Frau im Jahr 1975 durch die Familienrechtsreform ist da ein großer Fortschritt. Trotzdem bleibt immer noch genug zu tun. An der gerechten Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit muss zum Beispiel noch intensiv gearbeitet werden.
Das Frauenwahlrecht
Eine Broschüre zu „100 Jahre Frauenwahlrecht“ kannst du dir hier herunterladen und ansehen.
Wahltag in Wien-Wieden 1919
Heinrich Schumann: Der Wahltag in Wien. Stimmabgabe iin [sic!] einem Wahllokal auf der Wieden. [Anm. IV. Bezirk in Wien]
Zeitungsfoto. In: Wiener Blätter – Illustriertes Familienblatt vom 23.02.1919, XXIV. Jg., Nr. 8, S 8 (Ausschnitt).
Anno/ÖNB)
Zeitleiste der Entwicklung des Frauenwahlrechts
Aus der Broschüre 100 Jahre Frauenwahlrecht des Landes Niederösterreich
Grafik
Das Frauenwahlrecht im Niederösterreichischen Landtag
Am 4. Mai 1919 dürfen Frauen erstmals auch den Niederösterreichischen Landtag wählen und in ihn gewählt werden. Aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums findet im Landtagssaal des Landes NÖ in St. Pölten im Mai 2019 eine Frauenkonferenz statt.
Teilnehmerinnen an der Frauenkonferenz in St. Pölten 2019
NLK Pfeiffer: Frauenkonferenz St. Pölten 2019 (1).
Offizielles Pressefoto. St. Pölten 2019.
(NLK Pfeiffer/NÖLReg)
https://noe.gv.at/noe/Frauen/100_Jahre_Frauenwahlrecht_in_Oesterreich.html
Diese Festveranstaltung sei ihr ein „unglaublich großes Anliegen“ und auch wichtig und notwendig, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner anlässlich des Jubiläums. Ihr Einstieg in die Politik sei „Zufall und Schicksal gewesen“, und sie bereue es „keine Sekunde, in die Politik gegangen zu sein“. Es sei ein tolles Gefühl, wenn man erlebe und spüre, dass man in der Politik etwas bewegen könne, betonte Mikl-Leitner.
Prominenz bei der Festveranstaltung zu 100 Jahren Frauenwahlrecht in NÖ
Filzwieser/NLK Pfeiffer: 100 Jahre Frauenwahlrecht St. Pölten 2019 (27).
Offizielles Pressefoto St. Pölten 2019.
(Filzwieser/NLK Pfeiffer/NÖLReg)
https://noe.gv.at/noe/Frauen/100_Jahre_Frauenwahlrecht_in_Oesterreich.html
Die auf dem Foto abgebildeten Personen von links nach rechts: Karl Wilfing (Präsident des NÖ Landtages), Juliane Bogner-Strauß (damals Frauenministerin), Johanna Mikl-Leitner (Landeshauptfrau), Christiane Teschl-Hofmeister (Landesrätin), Gabriella Hauch (Historikerin), Johanna Rachinger (Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek)
Die Entwicklung hin zum Frauentag aus österreichischer Sicht
In Wien ist schon früh von einem Frauentag die Rede. Er wird bereits 1891 beschlossen, um dabei das Wahlrecht für alle zu fordern. Er ist für Pfingsten 1892 in Wien geplant, wird aber kurzfristig abgesagt. Scheinbar ist es einigen Rednerinnen doch zu riskant gewesen, dort aufzutreten. Die Behörden dürften an der Absage auch mitgewirkt haben. Und so findet der Frauentag erst einmal nicht statt. Aber im Jahr darauf klappt es dann. Der Erste österreichische Frauentag ist 1893 ein Ereignis in Wien. Er wird von den bürgerlich-liberalen Frauen organisiert. Die Aktivistinnen des sozialdemokratischen Arbeiterinnen-Bildungsvereins lehnen die Einladung zur Teilnahme ab. Ein Monat später nehmen sie an einer sozialdemokratischen Veranstaltung zum Wahlrecht teil.
Frauenwahlrechtstag auf der Wiener Ringstraße. 1911
Karl Seebald (1878-1941):Frauenwahlrechtstag
Foto, Schwarz-Weiß-Negativ. Wien 1911.
(ÖNB Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.:461.565-B POR MAG)
Die Frauen unternehmen alles Mögliche, um dem Ziel des Wahlrechtes näherzukommen. Sozialdemokratische Frauen gründen ein Frauenreichskomitee. Dann fahren 1899 erstmals auch Österreicherinnen zum Internationaler Frauenkongress nach London. Marianne Hainisch und Gabrielle Possanner von Ehrenthal sind dabei. Adelheid Popp wiederum nimmt 1907 an der Ersten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz in Stuttgart teil.
Wirklich viele Frauen organisieren sich: In Wien tagt 1910 der Erste Katholische Frauentag. Im gleichen Jahr veranstalten die Sozialdemokratinnen in Wien eine große Versammlung. Die Frauen ziehen gemeinsam in „geschlossenen Zügen“ aus den einzelnen Bezirken ins Versammlungslokal.
1910 wird die Neufassung des Vereinsgesetzes beschlossen. Bis dahin dürfen Frauen nicht Mitglieder in politischen Vereinen sein. Das ändert sich nun und erleichtert die Arbeit für das Frauenwahlrecht.
Dann wird 1918 das Frauenwahlrecht beschlossen. Damit erscheint manchen Frauen ein weiterer Kampf und auch der Frauentag nicht mehr notwendig.
Frauentage in Österreich nach 1918
Die Forderungen nach Frauenwahlrecht und Mädchenbildung sind nach 1918 erfüllt. Es gibt dann ab 1923 wieder Frauentage der linken Frauen. Dann kommen bald schwere Zeiten auch für die Frauenbewegung. In den beiden Diktaturen von 1933 bis 1938 und von 1938 bis 1945 sollen die Frauen nur für ihre Familien da sein. Sie sollen Kinder bekommen und nicht berufstätig sein. Trotzdem sind sie vielfach beruflich und auch privat stärker gefordert als zuvor. Es finden keine Frauentage im früheren Sinn statt.
Nach dem Ende des II. Weltkrieges (1939-1945) können die Frauen 1947 erstmals wieder eine Großkundgebung in Wien durchführen. Im Jahr davor haben es die Besatzungsmächte verboten. Frauen außerhalb von SPÖ und KPÖ aber nehmen diesen Tag kaum wahr.
Frauendemonstration für den Staatsvertrag, Innsbruck 1953
Franz Blaha (1904 - nach 1969): SPÖ-Frauentag. Der SPÖ-Frauentag im Mai 1953 in Innsbruck
Foto. Innsbruck Mai 1953
(ÖNB, Bildarchiv und Grafiksammlung, Sign.: OEGZ/B2/5118/2a POR MAG)
Erst in den frühen 1970er-Jahren gewinnt der Internationale Frauentag eine neue Bedeutung: 1975 wird der Frauentag für den 8. März offiziell in den Kalender der UNO aufgenommen. Die Zahl der Veranstaltungen steigt. Es machen dabei jetzt auch mehr Gruppen mit. Vertreterinnen politischer Parteien, katholische Frauen und die neuen autonomen Frauenorganisationen werden aktiv.
Johanna Dohnal ist ab 1979 Staatssekretärin für allgemeine Frauenfragen. Sie veranstaltet 1986 am Frauentag im Staatssekretariat am Ballhausplatz den ersten Tag der offenen Tür „für alle Frauen“. Seither ist der 8. März auch in Österreich ein wichtiger Tag für alle Frauen in Österreich geworden. Verschiedenste Frauengruppen organisieren Veranstaltungen.
Seit 2014 gibt es in Wien-Währing einen Frauenweg im Pötzleinsdorfer Schlosspark. Dort wird der Frauen gedacht, denen die Veränderungen der Situation von Frauen zu verdanken sind.
Schautafel Währinger Frauenweg
Schautafel Währinger Frauenweg
Foto. Wien - Währing
(Museumsverein Währing)
Gestalter: Christian Harant
Geglückte Zusammenarbeit
Dass Frauen sich zusammenschließen und ihre Meinung laut sagen, das ist neu. Mit ihren Anliegen sind Frauenrechtlerinnen damals Außenseiterinnen der Gesellschaft. Dadurch haben sie es oft nicht leicht. Frauen arbeiten immer wieder mit anderen Frauen zusammen. Über die Parteigrenzen hinweg. Das geht kurz gut, dann wieder nicht. Erst in den späten 1970er- und den 1980er-Jahren finden sie wieder zusammen. Zumindest teilweise. Wie es mit dem Frauentag weiterging, kannst du hier sehen.
Anfang der 1980er-Jahre gibt es einen großen Aufbruch. Es werden Frauentag-Komitees zur Vorbereitung des Frauentages gebildet. Die Frauen sind nun bereit, für den Frauentag zusammenzuarbeiten. 2009 erzählen mehrere Frauen, wie sie erstmals gemeinsam den Frauentag organisiert haben.
Heute arbeiten Frauen auch zusammen. Nicht nur für den Frauentag. Sie haben einen Frauenring gegründet. (siehe Raum "Frauen bewegen")
Wir ziehen alle an einem Strang!
Den Vorsitz und die Moderation hat Katharina Cortolezis-Schlager. Um 1980 beginnt es. Frauengruppen wie die autonomen, die kirchlichen, die kommunistischen, die sozialistischen sind dabei. Cortolezis-Schlager übernimmt die Koordination der verschiedenen Frauengruppen. Es gibt zwar Schwierigkeiten, aber sie wollen ein Ziel erreichen. Gemeinsam wollen sie den Frauentag organisieren. Es gelingt! Nicht alle sind dabei. Es gibt bei Frauentagen auch immer wieder Gegendemonstrationen von Frauengruppen. Diesen ist das gemeinsam Errungene nicht radikal genug.
Mag Katharina Cortolezis-Schlager
Wilke: Mag Katharina Cortolezis-Schlager
Pffizielles Pressefoto Wien 2011.
(Parlament)
https://www.parlament.gv.at/WWER/PAD_51551/index.shtml#tab-Ueberblick
Lassen wir Frauen davon erzählen:
Katharina Cortolezis-Schlager sagt, dass sie als Vertreterin der Hochschülerschaft als neutral gelte. Deshalb wählt man sie aus. „Die Frauen hatten sehr viel Zuschreibungen zueinander. Gleichzeitig haben sie um jedes einzelne Wort gerungen. Dann gab es aber wieder Vertreterinnen, die für Ausgleich gesorgt haben.“ Es war bis zum Schluss ungewiss, ob es gelingt.
Margit Niederhuber (KP-nahe): „Da waren immer große Plattformen, in denen alle möglichen Organisationen vertreten waren. Da waren die autonomen Frauen genauso drinnen wie die SP-Organisationen und die KP-Organisationen.“ Sie berichtet von langen und mühsamen Diskussionen, bis man sich einigen kann. Da geht es z. B. darum, ob Männer teilnehmen dürfen oder nicht und um die „wirklichen Feministinnen“ und die „politischen Frauen“, also jene, die in einer Partei Mitglied sind.
Hedwig Gründler (Katholische Frauenbewegung, KFB): „Es ist wichtig, dass man sich artikuliert und mitgeht.“, erzählt sie, besonders auch als Vertreterin der katholischen Frauenbewegung, meint sie. Obwohl das für die katholischen Frauen viel ungewöhnlicher ist da mitzumachen als für die evangelischen.
Johanna Dohnal (SPÖ): „Es wird immer Frauengruppen geben, die den Tag nicht sterben lassen, weil er traditionell verankert ist. Zu meiner Zeit war die Frage, ob der Frauentag abgeschafft werde solle, in der Partei kein Thema mehr. [Der Frauentag] war eine Tradition. Über lange Zeit haben die Sozialistinnen und Kommunistinnen ihre eigene Veranstaltung gemacht. Letztendlich hat sich auch die bürgerliche Frauenbewegung, … die ÖVP Frauen, den Frauentag angeeignet.“
Irmtraut Karlsson (SPÖ): „Schon ab 1946 fanden die ersten großen Feiern statt, tut sich etwas. Ab 1975 war es sowieso keine Frage mehr, dass am Frauentag was passiert. Etwas Ärger hat es aber schon gegeben, wenn es geheißen hat, die ‚autonomen Frauen‘ hätten den Frauentag erfunden“. Sie meint, die sozialdemokratischen Frauen haben ihren Frauentag immer gefeiert, auch wenn er gerade nicht so „en vogue“[Anm.: in Mode] war.
Irma Schwager (Bund demokratischer Frauen, BDF, KP-nahe): „Im 1980er-Jahr ist es gelungen, eine gemeinsame Demonstration mit den autonomen Frauen zu machen“, berichtet Irma Schwager. Es haben sich verschiedene Frauengruppen für die Demonstration zum 8. März zusammengeschlossen. In den Diskussionen ist es sehr schwierig, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Das ist besonders beim Thema ‚Reform des Abtreibungsparagraphen‘ so. Schließlich einigt man sich auf den Satz: ‚Kinder oder keine, entscheiden wir alleine.‘
Lisa Steiniger und Melitta Nicponsky (Autonome Frauen): Die beiden wollen, dass der Frauentag wieder auf der Straße stattfindet, in der Öffentlichkeit. Der 8. März ist kein Frauentag, sondern ein Frauen-Kampftag. Sie wollen sich nicht als Frauen feiern lassen, sondern als Frauen gemeinsam mit anderen Frauen für eine grundsätzliche Veränderung der patriarchalen und kapitalistischen Gesellschaft kämpfen. Feiern gehört dazu, aber dann feiern die Frauen sich selbst.
Nina Ahmadi (betreut den kurdischen Frauenverein AVESTA): „Ich habe im Iran immer davon geträumt, dass ich am 8. März mit Frauen auf einer Demo sein kann." Dann kommt sie als junges Mädchen nach Österreich. Sie ist im Iran im Gefängnis gewesen. Hier darf sie nun dabei sein. „Der erste Frauentag im Jahr 1986 war für mich wunderschön.“